Wir erwecken den Tod

Während einer Hitzewelle im August 2016 starb in einem abgelegenen Teil Sibiriens ein zwölfjähriger Junge an Milzbrand (Anthrax)¹. Mindestens 20 weitere Menschen wurden mit der potenziell tödlichen Krankheit diagnostiziert, und mehr als 2.300 Rentiere in der Region starben daran. Die offenkundige, aber überraschende Ursache: Ein infiziertes Rentier hatte seit über 75 Jahren eingefroren im Permafrost gelegen. Nun war dieser Frost aufgetaut und hatte Sporen von Bacillus anthracis in Boden und Wasser freigesetzt - von dort gelangten sie in die Nahrungsversorgung. Der Ausbruch war der erste in der Region seit 75 Jahren.

Seit Jahren warnen Forscher, dass durch die globale Erwärmung das, was zuvor im Permafrost eingeschlossen war, freigesetzt werden könnte². Dazu gehören gefährliche Infektionserreger, für die der Mensch möglicherweise keine Immunabwehr hat und auf die er nicht vorbereitet ist, wie die Pest, Milzbrand, Pocken, Spanische Grippe. Und das sind nur die, von denen wir wissen! Denn die Krankheiten, die unsere entfernten Vorfahren heimgesucht haben, kennen wir nicht.

Nun wird die Theorie zu Realität. Aus dem tauenden Eis kommen infektiöse Mikroorganismen, und zwar schnell. Nach Angaben von Forschern der University of Alaska in Fairbanks und des Alfred-Wegener-Instituts Potsdam taut der Permafrost viel schneller als erwartet ‒ die Abtauraten, die wir heute beobachten, wurden erst für das Jahr 2090 prognostiziert³. Teile des Permafrostes, die seit Jahrtausenden gefroren waren, schmelzen nun rapide und setzen Infektionskrankheiten und eine große Menge an Treibhausgasen (THG) in die Atmosphäre frei. Letzteres gilt als einer der wichtigsten Kipppunkte im Klimawandel.

Die Botschaft ist klar: Wir müssen jetzt handeln, um das Schlimmste zu verhindern!