Ein neues Waldsterben?
Die Wälder in Deutschland sind so bedroht wie nie zuvor. In 2018 haben wir bereits über 100.000 Hektar Wald durch eine Kombination aus Hitze, Dürre, Sturm, Waldbränden, Käferplagen und einer Pilzkrankheit verloren. Forstleute befürchten einen Kollaps der Wälder und haben den Klimanotstand für den Wald ausgerufen.
Die Sterblichkeit von Bäumen hat sich in Europa von 1984 bis 2016 verdoppelt1 und steigt weiter an. Allein in Deutschland ist in der ersten Jahreshälfte 2019 eine Fläche von mehr als 200.000 Fußballfeldern abgestorben, fast 2 % der deutschen Wälder. Einige Waldbesitzer verloren bis zu 50 % ihres Gebietes. Die finanziellen Schäden betrugen mehr als 600 Millionen Euro 23.
Während der weltweite CO2-Ausstoß steigt und die Erde immer wärmer wird, verändert sich das Klima auch in Deutschland: heiße und trockene Sommer, Dürren, Winterstürme… Bäume werden durch Waldbrände getötet oder durch die extreme Hitze und den Wassermangel geschwächt. Selbst, wenn sie nicht vertrocknen, sind sie Parasiten wie dem Borkenkäfer dann hilflos ausgeliefert, der ihnen den Todesstoß versetzt.
Wälder sind ein wichtiger Teil unseres Lebens und der Erde und bedecken etwa 30% ihrer Oberfläche. Sie bilden Grundwasser, geben uns Holz, filtern die Luft, reduzieren CO2, kühlen und bieten Lebensraum für viele Arten sowie die menschliche Erholung. Das Absterben von Wäldern hat dramatische Folgen, eine davon ist eine Rückkopplung im Kohlenstoffkreislauf: Wenn Bäume sterben oder verbrennen, hören sie auf, CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen und setzen auch das CO2 frei, das sie im Laufe der Jahre aufgenommen haben. Dies verstärkt den Klimawandel und beschleunigt das weitere Absterben der Wälder 4 ‒ ein Teufelskreis.
Bei einer globalen Erwärmung von 2°C, die wir voraussichtlich bis 2050 erreichen werden, werden die Waldbrände weltweit voraussichtlich um bis zu 75% zunehmen. Dürreperioden werden um 4 Monate zunehmen und die Häufigkeit extremer Hitze über Land wird um 290% steigen5! Schon in naher Zukunft werden die Wälder, die wir heute in Deutschland haben, nicht mehr überlebensfähig sein. Bäume wie Fichte, Buche, Esche, Spitzahorn und Bergahorn sind am stärksten gefährdet und werden im besten Fall durch südlichere Baumarten ersetzt, die an trockene Bedingungen angepasst sind. Im schlimmsten Fall werden die Klimaveränderungen so schnell sein, dass die Wälder sich nicht anpassen können und zusammenbrechen. Daher ist es für die Zukunft unerlässlich, dass wir unsere Wälder schützen und regenerieren. Bedeutende Länder wie China und Indien ergreifen bereits solche Maßnahmen und sind heute weltweit führend bei der Begrünung und Walderneuerung. Die Gesamtfläche der in China und Indien seit 2000 neu geschaffenen Vegetation ist so groß wie der Amazonas-Regenwald 6. Durch beherztes Handeln können wir eine düstere Zukunft für die deutschen Wälder, ein Waldsterben 2.0, verhindern.
Quellenangaben
Senf et al., 2018, Canopy mortality has doubled in Europe’s temperate forests over the last three decades, Nature Communications 9:4978. ↩︎
Johnson, 20 Jul 2019, Germany’s forests on the verge of collapse, experts report, Deutsche Welle. ↩︎
Connolly, 7 Aug 2019, ‘Part of German soul’ under threat as forests die, The Guardian, London, United Kingdom. ↩︎
Allen et al., 2010, A global overview of drought and heat-induced tree mortality reveals emerging climate change risks for forests, Forest Ecology and Management 259(4):660-684. ↩︎
IPCC Special Report, 2019, A Global Warming of 1.5°C, IPCC, Geneva, Switzerland. ↩︎
Dunne, 12 Feb 2019, One-third of world’s new vegetation in China and India, satellite data shows, Carbon Brief. ↩︎